5 tolle Jahre

Es begab sich zu der Zeit der Osternacht vor 5 Jahren im Hause Birrewitz. Viele Freunde hatten sich versammelt, um Hedis Geburtstag zu feiern und alle waren fröhlich und vergnügt. Und dann war da noch ich. Von meinen Eltern mitgeschleppt, keinen gekannt und einen Thomy an der Backe, der mir erzählt, wie toll Pilgern doch ist. Dazu noch die viertstündige Aufforderung meiner Eltern, ich soll mich doch zu den „jungen Leuten“ gesellen und die pubertär-typische Anti-Alles-Haltung hatte mich fest im Griff. Meine Eltern verabredeten unbeirrt, dass ich eine Woche später zum Vortreffen der Jupis kommen würde – yeahy. Okay, ich muss zugeben, ich fand das Abend vom Vortreffen cool – die Stimmung, die Leute, die Unkompliziertheit. Mitpilgern wollte ich trotzdem nicht.

Irgendwie stand ich dann aber trotzdem ein paar Wochen später sonntagsmorgens in Meerkamp, fertig zum Abmarsch. Rein äußerlich jedenfalls. In mir drin wehrte sich alles: Ich musste an einem Sonntag um 6 Uhr aufstehen, es regnete schon den ganzen Morgen, ich kannte eigentlich immer noch keinen (außer natürlich meinen Cousin, den ich mitgeschleppt hatte), trug für mein Empfinden hässliche und zu große Klamotten und mir standen am nächsten Tag sowie in der darauffolgenden Woche zwei LK-Klausuren bevor. Und sowas war für mich damals wirklich absolut gar nicht mein Stil, mit so wenig Vorbereitungszeit in eine Klausur zu gehen.

Aber es gab kein zurück mehr und so fing alles an. Mit mir die Neupilger Bene, Bene und Ione. Und dann ging alles ganz schnell. Sonntagabend wollte ich schon nicht mehr heim und habe am Montag – ähnlich wie Thomy mir wenige Woche zuvor – meinen Klassenkameraden vor der Klausur vom Pilgern vorgeschwärmt. Hendrik hat die Woche mit seinem selbst komponierten Lied bereichert und uns noch mehr zusammengeschweißt (auch wenn wir es doch nie so richtig mitsingen konnten). Und wie auch die noch folgenden Jahre gab es ein paar herausstechende Ereignisse. Ich denke da zum Beispiel an das Duschen beim Bäcker in Ripsdorf, Schnapstrinken mit einem wildfremden, netten Herrn am Gartenzaun in Bitburg oder Reisfladen von Rosalindes Nachbarin. Diese Begegnungen mit Fremden, die einem wie selbstverständlich mit Offenheit, Vertrauen und Warmherzigkeit entgegentreten, haben mich endgültig für die Unternehmung „Pilgern“ gewonnen.

Ach ja, genau! Besonders war in diesem Jahr natürlich auch, dass wir mit weniger Neupilgern angekommen als losgegangen sind – in dieser Form wohl auch ein Debut für die Jupis.

Und schon war es auch wieder vorbei. Nach einer schockierend kurzen Rückfahrt mit Anika und Lukas im Bulli schwebte ich, zurück in Mönchengladbach, absolut auf Wolke 7. Ich weiß noch, wie ich meinen Eltern tagelang meine Pilgermedaille unter die Nase gerieben, die ich ja eigentlich nie habe wollte…

Es folgten weitere schöne Pilgerjahre. In meinem zweiten Jahr habe ich mich schon Wochen vorher auf unsere Tour gefreut. Wohl auch, weil diesmal die Rahmenbedingungen perfekt waren: Kurz vor dem Pilgern hatte ich meine mündliche Abiprüfung, kurz danach den Abiball und somit alle Zeit der Welt, die Woche mit euch in aller Ruhe zu genießen! Hinzu kam, dass wir recht viele waren in diesem Jahr, z.B. waren die langjährigen Pilger, Christian, Annika (Wirtz) und Hannah (Koppers) noch einmal dabei und auch Miriam ist am Mittwochabend zur Gruppe hinzugestoßen. Dann noch unsere Neupilger Teresa, Gigi und Michael alias Andreas.

Auch in diesem Jahr sorgte die Pilgertour zumindest für mich für neue Erlebnisse. Plump aber dennoch wahr: Obwohl ich Michael fast mein ganzes Leben lang kenne, habe ich ihn in dieser Woche zum ersten Mal in Jogginghose gesehen. Bei dem Fußballturnier in Helenenberg habe ich gedankenloser Weise meine Beine und Füße für das Tragen meines Abiballkleids entstellt und die Neupilger haben am Drachenkopfhaus ein unterwegs gedichtetes Lied präsentiert. Jedes Jahr bringt eben etwas Neues mit sich!

So hatte auch mein drittes Pilgerjahr eine entscheidende Programmänderung – von Sonntag bis Mittwoch war Rucksacktragen angesagt. Aber auch das haben wir alle gut gemeistert. Alle außer Neupilger Rainer. Lektion des Jahres: In Anzugschuhen läuft es sich nicht gut. Nachdem wir also Rainer schon kurz vor Zülpich zurücklassen mussten, stattete uns Hedi zum Frühstück bei Steffi & Bert einen Überraschungsbesuch ab und brachte Justus und Annika (Wienke) mit. Weil Thomy seinem Sohn um ein Haar den Finger abgebissen hatte, wollte dieser dann wieder zurück. Annika aber blieb bei uns und konnte unverhofft doch noch die Woche mit uns verbringen. Das war schön! Schließlich sorgten Luki und Bene ab Donnerstag mit ihrem „Wenn ich du wäre“ immer wieder für gute Stimmung. Mein persönliches Highlight: Beim traditionellen Trikottausch hat Luki mein Top angezogen – und hatte es auch noch an, als wir bei Familie Göbel saßen und Kaffee getrunken haben.

Ein Jahr Pause. Während meines Auslandssemesters in Schweden hatte ich doch tatsächlich keinen einzigen Tag Heimweh. Und dennoch, dass ich nicht pilgern konnte, fand ich sehr schade! Wäre die Klausur nicht gewesen, die in genau dieser Woche anstand, wäre ich vielleicht sogar nach Hause geflogen für’s Pilgern. Naja, hätte hätte Fahrradkette. Jedenfalls habe ich – und damit hatte ich nicht gerechnet – im Herbst des Jahres gemerkt, dass irgendetwas fehlte. Ein merkwürdiges Gefühl…

Jahr Nummer Vier: Jubiläum! Und eine erschreckend kleine Truppe – am Sonntagmorgen bin ich nur gemeinsam mit Lukas, Thomy und unseren drei Rucksäcken losgezogen. Anders, aber auch schön. Nach einem Essmarathon am Sonntagnachmittag/-abend haben wir am Montagabend bei Steffi & Bert Lukas‘ 30. Geburtstag gefeiert und trotz oder gerade wegen dieser ich nenne es mal „nahrhafter“ Tage, hatte Thomy am Dienstag kaum Kraft, um die letzten Meter nach Ripsdorf hoch zu bewältigen. Ab Auel wurde unsere Truppe dann noch etwas größer, sogar mit zwei Neupilgern: Andrea und Rainer (Versuch #2). Am Donnerstagabend dann dramatischer Abschied. Ich muss zwischendurch nach Bad Mergentheim fahren, um Freitagmorgen eine Klausur zu schreiben, und Luki und Uli hängen herzzerreißender Weise an meinen Beinen und wollen so meine Abfahrt verhindern. Umso schöner das Wiedersehen in Helenenberg! Echt verrückt, wie sehr ich mich gefreut habe, wo wir doch nur rund 24 Stunden getrennt waren… Am Ende dieser super sonnigen Woche wurde mir dann das erste Mal die Ehre zu teil, das Kreuz beim Einzug in die Matthei zu tragen.

Und wieder ein wundervolles Pilgerjahr, das ein Ende nehmen musste.