Das erwartet Dich

Was ist pilgern und wie läuft es bei den Jupis und SenJupis?

Geschrieben von Katja, 22. Sie ist schon mit den Jupis und den SenJupis nach Trier gepilgert und erzählt von ihren Erfahrungen

Es ist Sonntagmorgen, zaghafte Sonnenstrahlen streifen deine Waden und nun stehst du hier, in Shorts und T-Shirt, die Fleecejacke locker über die Schultern gelegt. Das Projekt „Pilgern“ beginnt mit einem Wortgottesdienst in einer dir unbekannten Kirche in einem dir unbekannten Ort und mit lauter dir unbekannten Leuten, die sich zur Begrüßung freudig in die Arme fallen und sich unbefangen unterhalten.

Du fragst dich still ‚Warum mache ich das nochmal?‘
und gleich darauf ‚Was erwartet mich überhaupt?‘

Nun, die erste Frage kann ich dir nicht beantworten. Das finden Viele ohnehin erst raus, wenn sie unterwegs sind. Oder auch nie so genau. Aber was ich versuchen möchte ist, dir zu erklären, was dich in einer Woche Pilgern mit den Jupis – oder aber den SenJupis – erwartet (für die Eiligen – siehe die Kurzfassung unten):

Wann immer ich irgendwo erzähle, dass ich Pilgern gehe, sehe ich große Augen oder ein Stirnrunzeln und höre die Frage: „Aber bist du denn so gläubig?“ Ich antworte gerne mit der Gegenfrage danach, was denn gläubig für den- oder diejenige bedeutet. Aber das Schöne ist – das darf Jede und Jeder, der bei uns mitgeht für sich selbst entscheiden. Du bist bei uns willkommen, egal ob du regelmäßiger Kirchgänger, ausgedienter Messdiener oder auch der Typ ‚Ich glaube, da ist irgendwas oder irgendwer‘ bist. Vielleicht warst du auch noch nie Mitglied einer Kirche und kennst dich mit dem ganzen „Konstrukt“ Christentum gar nicht aus – auch okay.

Sowohl bei den Jupis als auch bei den SenJupis erwartet dich also eine Gruppe bunt gemischter Menschen, in der jeder seine Meinung haben und „Glauben“ auf seine ganz individuelle Weise definieren und ausleben darf.

Schön und gut, aber was genau passiert jetzt in der Woche Wallfahrt? Allerlei. Jeder Tag auf unserer Reise und jedes Pilgerjahr ist gleich und ist es doch nicht. Beide Gruppen (Jupis und SenJupis) starten an einem Sonntagmorgen in Meerkamp, Mönchengladbach, ihre Tour.
Wir haben in etwa jedes Jahr die gleiche Route, die gleichen Unterkünfte, Möglichkeiten zur Einkehr und sonstige Zwischenstopps. Schlafen tun wir alle auf dicken Turnmatten oder Luftmatratzen, mal auch in Betten, immer aber im Schlafsack. Generell werden wir alle auf unserer Tour von einem Sprinter begleitet (den wir abwechselnd selbst fahren), sodass niemand sein Gepäck tragen muss und wir uns in kurzen regelmäßigen Abständen selbst mit Wasser, Obst und sonstigen Snacks versorgen können. Meistens wird gegen Mittag eine längere Pause mit einer Brotzeit auf unseren Bierzeltgarnituren eingelegt. Auch abends ist die Mischung aus Selbstverpflegung und auswärtigem Essen bei beiden Gruppen ähnlich. Für die Mitpilger mit zu wenig Urlaubstagen oder sonstigen Hindernissen gibt es die Möglichkeit, die halbe Strecke zu laufen, also am Mittwochabend nachzukommen und ab Donnerstag mitzulaufen (wovon wir Neupilgern allerdings abraten). Beide Gruppen kommen an einem Samstagmittag in Trier an und ziehen in die St. Matthias Basilika ein. Sonntag geht es mit PKW und/oder dem Zug wieder zurück nach Mönchengladbach.

Eine weitere Gemeinsamkeit ist die inhaltliche bzw. thematische Gestaltung der Woche.
Jedes Pilgerjahr steht unter einem von der Bibel inspirierten Jahresmotto.
Dieses nehmen wir, Jung und Alt gemischt, an einem gemütlichen Wochenende im Frühjahr ordentlich auseinander, tauschen erste Assoziationen aus und sammeln Ideen. Die Altpilger bereiten dann Texte für je einen Tag auf der Wallfahrt vor, die jeweils morgens, mittags und abends zur inneren Einkehr, zum Gedankenanstoßen oder einfach zum Runterkommen vorgelesen werden. Auch hier gilt wieder: Jeder macht das aus dem Jahresmotto, was er oder sie selbst damit verbindet – Lieder, Gedichte, Bibelstellen und nicht selten auch komplett selbst verfasste Texte.

Trotz all der Übereinstimmungen gibt es aber – abgesehen vom Alter – auch Unterschiede bei unseren beiden Wallfahrten! Bei den Jupis pilgern wir mit einer Gruppe junger und jung gebliebener netter Leute nach Trier und das jedes Jahr in der Woche um Fronleichnam. Jugendlicher Frohsinn, eine gesunde Portion Ulk und ab und zu ein strafferes Tempo zeichnen uns aus. Während wir durch Felder und Wälder ziehen, führen wir mal lange, tiefgründige Gespräche und mal werfen wir uns gegenseitig Filmzitate und sonstige lustige Sprüche an den Kopf. Einander Kennenlernen ist kurz gesagt die Hauptbeschäftigung der ersten Stunden und Tage. Dann wandeln sich die Gespräche immer häufiger in Gesänge um und die gerne 3-stimmig: laut, schief und mit Begeisterung! Um vor allem unsere Neupilger bestmöglich in unsere Gruppe einzubinden, streuen wir ab Mitte der Woche auch immer mal wieder kleine Challenges und Spielchen ein, die den netten Nebeneffekt haben, dass sie von müden Knochen oder anderen Gedanken ablenken. Die Tagesmeditationen sind bei all dem Spaß ein willkommener Gegenpol. Auch darüber hinaus ist es natürlich auch Jedem überlassen, sich hin und wieder in seinen eigenen Kopf zurückzuziehen und sich dafür auch mal ein paar Meter fallen zu lassen. Eine gute Gruppendynamik und Zusammenhalt untereinander sind allerdings wichtige Bestandteile unserer Wallfahrt, um die wir und stets sehr bemühen. Das hört auch abends nicht auf! Wenn alle wieder frisch geduscht, Blasen versorgt und Oberschenkel und Waden massiert sind, kommt es bei den Jupis dann und wann vor, dass in den Turnhallen, in denen wir übernachten, nochmal ein Fußball, Trampoline oder sonstige Sportgeräte ausgepackt werden. Man bewegt sich ja sonst nicht genug… Aber auch ruhige Abende mit „Wer bin ich?“ oder ein paar Gitarrenklängen gehören dazu. Das obligatorische Feierabendbier oder auch eine Feierabendlimo runden den Tag ab.

Zu viel Action denkst du dir?
Auch okay, denn bei den SenJupis geht es auf ihrer Wallfahrt im Herbst (meist um den 3. Oktober rum) insgesamt ein wenig ruhiger zu. Wenn du hier an einen Rentner Reisebus denkst – weit gefehlt. Denn die SenJupis bestanden in den vergangenen Jahren aus immer mehr jüngeren Leuten.

Hier gibt es für diejenigen, die möchten, sowohl tagsüber als auch abends einfach ein paar Schnäpse mehr, um die Strapazen der Wallfahrt gut zu überstehen. Außerdem gibt es abends eher Wein als Bier. Und auch beim Essen lassen es sich die SenJupis etwas besser gehen – hier und da wird die mittägliche Brotzeit durch eine warme Mahlzeit ersetzt und es gibt (noch) mehr Kuchen als bei den Jupis.

Aber wie sagen wir immer so schön, ‚Wir sind hier ja nicht auf einer Wohlfahrt, sondern einer Wallfahrt!‘, das zählt natürlich auch für die SenJupis.

Die Tagesmeditationen sind häufig ein wenig traditioneller und mehr an die Bibel angelehnt als bei den Jupis. Natürlich unterscheiden sich auch die Gesprächsthemen, über die sich untereinander ausgelassen wird, aber das liegt wohl in der Natur der Dinge. Schließlich gibt es für die SenJupis nach der Ankunft in Trier noch zwei – wenn auch junge – Traditionen, die es bei den Jupis nicht gibt. Zum einen ist da das gemeinsame Fürbitten-Sprechen in der Krypta der Basilika. Hier spricht der eine seine Bitten laut aus, die andere geht schweigend vor und zündet ein Teelicht an. Dies ist nochmal ein sehr bewegendes, oft auch emotional aufreibendes, aber auch zusammenschweißendes und dadurch wunderschönes Ritual. Zum anderen wird oft am Abend, nach einem gemütlichen Abendessen, noch direkt in der Unterkunft eine Weinverkostung vom Weingut Wahlen veranstaltet, bei dem wir alle, Jung und Alt, bereits seit Jahren gerne ein Stück Mosel für zuhause kaufen.

Hier kommt die Kurzfassung:

Eine Wallfahrt mit uns ist grundsätzlich etwas für dich, wenn

  • Du Lust hast auf eine Woche Auszeit, in der du dich frei machen kannst von Handys, Medien und anderen Dingen, ohne die wir im Alltag scheinbar nicht überlebensfähig wären
  • Du offen bist und gerne neue Leute kennenlernst – und das auf eine intensive Art, die du so vielleicht noch nicht erlebt hast
  • Du dich fit genug fühlst, 7 Tage am Stück zu Fuß die wunderschöne Eifel zu durchstreifen (durchschnittlich ca. 32 km am Tag)
  • Du offen dafür bist, dich in einem lockeren Rahmen mit deinem Glauben (oder Unglauben) und den der Anderen auseinanderzusetzen
  • Du „schon immer mal Pilgern wolltest“

Du bist bei den Jupis genau richtig, wenn

  • Du jung oder jung geblieben bist
  • Du gerne Teil einer Gruppe bist und dich dafür auch den gemeinsamen Regeln anpassen kannst
  • Du auch mal über dich selber lachen kannst, für den ein oder anderen Quatsch zu haben bist und es aushältst, auch dann mit uns zu laufen, wenn wir stundenlang singen
  • Du gerne im Frühsommer wanderst und dir auch hohe Temperaturen beim Wandern nichts oder nur wenig ausmachen

Du wirst dich bei den SenJupis sehr wohlfühlen, wenn

  • Du gerne unter Leuten bist, die den Tag eher ruhig angehen
  • Du dir auf der Wallfahrt eine gute Mischung aus Gemeinschaft und Raum für dich wünschst
  • Du interessiert bist an einer eher traditionellen Aufbereitung des Jahresmottos und anderer Glaubensthemen
  • Du gerne im Herbst wanderst, der die Felder morgens beim Sonnenaufgang oft in traumhafte Nebellandschaften verwandelt, aber auch mal Regen mit sich bringen kann