Jupi Wallfahrt 2013

Ich male in den Staub des werktags ein neues Bild von mir.
Es trägt die Spuren von gestern.
Es trägt auch die Spuren des Frühlings
Und die Spuren von besserer Zeit.
Werde ich das Bild behalten?
Werde ich die Spuren des Frühlings fühlen?
Die Spuren von Liebe?
Ich male in den Staub des werktags ein neues Bild von mir.
Hauche es an, Gott, damit es lebt!

Autor unbekannt

Wirklich sein

Das Holzpferd lebte länger in dem Kinderzimmer als irgendjemand sonst. Es war so alt, dass sein Stoffüberzug ganz abgeschabt war.
‚Was ist wirklich?‘ fragte eines Tages der Stoffhase, als sie Seite an Seite in der Nähe des Laufställchens lagen. ‚Bedeutet es, Dinge in sich zu haben, die summen, und mit einem Griff ausgestattet sind?‘
‚Wirklich‘, antwortete das Holzpferd, ‚ist nicht, wie man gemacht ist. Es ist etwas, was an einem geschieht. Wenn ein Kind dich liebt für eine lange Zeit, nicht nur, um mit dir zu spielen, sondern dich wirklich liebt, dann wirst du wirklich.‘
‚Tut es weh?‘, fragte der Hase.
‚Manchmal‘, antwortete das Holzpferd, denn es sagte immer die Wahrheit.
‚Geschieht es auf einmal oder nach und nach?‘
‚Du wirst‘, sagte das Holzpferd. ‚Es dauert lange. Darum geschieht es nicht oft an denen, die leicht brechen oder scharfe Kanten haben oder die schön gehalten werden müssen. Im Allgemeinen sind zu der Zeit, wenn du wirklich sein wirst, die meisten Haare verschwunden, deine Augen ausgefallen, du bist wacklig in den Gelenken und sehr hässlich. Aber das ist überhaupt nicht wichtig; denn wenn du wirklich bist, kannst du nicht hässlich sein, ausgenommen in den Augen von Leuten, die keine Ahnung haben.‘
‚Ich glaube, du bist wirklich‘, meinte der Stoffhase.
Das Holzpferd lächelte nur.”
M. Williams

Wo bleibt die Zeit?

Montag, der Wecker geht. Ich stehe auf, rase durchs Badezimmer und fahre zur Arbeit.
Eine Zigarette ist noch drin, dann geht es los. Kannst du das? Hast du gleich mal Zeit? Das muss heute fertig werden? Zwischendurch, als könnten wir uns alle auf zig Sachen gleichzeitig konzentrieren, rasen E-Mails über meinen Bildschirm und ich beantworte sie, während ich mit einem Kollegen telefoniere.
Abends hab ich noch einen Termin. Das wird wohl heute nichts mit früh schlafen gehen. Gleichzeitig rasen 100 weitere Gedanken durch meinen Kopf. Das musst du morgen tun, der wartet noch auf einen Rückruf und der hat doch eingeladen. Die Tasche zum Pilgern wird nur zwischen Tür und Angel gepackt, wahrscheinlich hab ich die Hälfte vergessen, schießt mir durch den Kopf. Na ja, meine Tasche ist trotzdem schwer genug.
Endlich geschafft, es ist halb 10, als ich die Wohnungstür aufschließe. Jetzt schnell noch etwas essen, und dann ins Bett. So geht das Dienstag bis Samstag weiter und nichts ändert sich. „Sag mir Gott, wenn du da oben bist, warum machst du das?“ Frag ich mich. „Puste doch mal, vielleicht geht´s dann ja besser?!“ Keine Antwort. Was hab ich auch erwartet? Wann soll ich den denn hören, wenn ich mir selber noch nicht mal zuhöre?
Dann kommt das Pilgern. Plötzlich wird es still um mich. Am ersten Tag versuch ich das noch zu verdrängen. Es ist so ungewohnt und ich hab Angst mir zuzuhören. Doch jeder Schritt auf Trier zu, lässt mich besser hören, lässt mich besser sehen…
Und dann stehe ich vor diesem Kloster, dann laufe ich auf den Platz, gehe durch die Pforte. Alle brüllen Großer Gott wir loben dich. Meine Stimme bricht, aber ich singe laut weiter mit euch. Endlich bin ich da und obwohl es nichts mit Heimat, nichts mit meinem zu Hause zu tun hat, fühle ich mich, als wäre ich zu Hause angekommen.
Für ein Jahr bin ich geheilt!